Stand der Forschung

Untersuchungen zum Brandverhalten von begrünten Fassaden wurden insbesondere durch die Magistratsabteilung 39 der Stadt Wien in Verbindung mit der Universität für Bodenkultur Wien durchgeführt. Bis 2014 sind in Europa kaum tiefer gehende Untersuchungen zum Brandlastpotenzial von begrünten Fassaden durchgeführt worden und auch heute stehen nur eine sehr geringe Zahl an Erkenntnissen zur Verfügung.

Nachfolgend werden die bisher bekannten Untersuchungen chronologisch dargestellt:

  • 2013; Departement for Communities and Local Government in London; Fünf Brandversuche an herstellerspezifischen Wandbegrünungssystemen, Studie „Fire Performance of Green roofs and Walls“
  • 2016–2017; Universität für Bodenkultur Wien; Brandversuche im Muffelofen im Rahmen von Bachelorarbeiten zur Ermittlung der Entflammbarkeit und des Brandverhaltens von Kletterpflanzen
  • 2015–2018; Magistratsabteilung 39 Stadt Wien; Vier großmaßstäbliche Brandversuche in Anlehnung an ÖNORM B 3800-5 mit Fassadenbegrünungen in unterschiedlichen Abständen zur Brandkammer
  • 2019; Technische Universität München; Vier großmaßstäbliche Brandversuche im Rahmen einer Masterarbeit mit Kriechspindel, Blauregen, Wildem Wein, Kiwi, Stauden und Kräuter
  • 2020; Magistratsabteilung 39 Stadt Wien; Sieben großmaßstäbliche Brandversuche in Anlehnung an ÖNORM B 3800-5 mit Fassadenbegrünungen in unterschiedlichen Abständen zur Fassade und mit Brandsperren.

Bauordnungsrechtliche Einstufung der Fassadenbegrünungssysteme

Exemplarisch wird innerhalb dieses Textes auf die Bayerische Bauordnung (BayBO) und deren Kommentierung verwiesen. Die weiteren 15 landesspezifischen Bauordnungen enthalten sinngemäße Ausführungen. Die BayBO als Gesetz, hat gemäß Anwendungsbereich nach Art. 1 eine Gültigkeit für „baulichen Anlagen und Bauprodukte. Es gilt auch für Grundstücke sowie für andere Anlagen und Einrichtungen, an die nach diesem Gesetz oder in Vorschriften auf Grund dieses Gesetzes Anforderungen gestellt werden.“

Bauliche Anlagen sind nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 BayBO mit dem Erdboden verbundene, aus Bauprodukten hergestellte Anlagen.

Bei Bauprodukten handelt es sich um Erzeugnisse, die hergestellt werden, also um künstliche Ergebnisse menschlicher Tätigkeit. Weiter besteht der Herstellungs- und Verwendungszweck der Bauprodukte im Einbau in bauliche Anlagen oder in der Verwendung als bauliche Anlage [6]. Bauprodukte sind somit nach Art. 2 Abs. 11 BayBO Produkte, Baustoffe, Bauteile, Anlagen und Bausätze, die hergestellt werden, um dauerhaft in bauliche Anlagen eingebaut zu werden, bzw. aus ihnen vorgefertigte Anlagen, die hergestellt werden, um mit dem Erdboden verbunden zu werden.

Der Anwendungsbereich der BayBO schließt weiterhin das Grundstück selbst, als auch andere Anlagen und Einrichtungen ein, an die nach der Bauordnung oder in Vorschriften auf Grund der Bauordnung Anforderungen gestellt werden. Andere Anlagen und Einrichtungen sind solche, die nicht unter den Begriff der baulichen Anlagen und Bauprodukte fallen. Andere Anlagen in diesem Sinn sind z. B. Bäume (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Art. 81 Abs. 1 Nr. 7) oder Hecken als Einfriedungen (Art. 57 Abs. 1 Nr. 7).

Unter Berücksichtigung des Anwendungsbereiches der Bauordnung lässt sich feststellen, dass Befestigungssysteme und Rankhilfen von Fassadenbegrüngen in den Anwendungsfall als Bauprodukte fallen. Die Vegetation der Fassadenbegrünung, als nicht künstlich erzeugtes Produkt, kann jedoch maximal als andere Anlage und Einrichtung gewertet werden. Eine klare bauordnungsrechtliche Forderung an Fassadenbegrünungen lässt sich jedoch, bis auf die allgemeinen Anforderungen an Außenwandbekleidungen nach Art. 26 Abs. 3, innerhalb der Bauordnung aktuell nicht finden. Ob die Anforderungen an Außenwandbekleidungen auch für die Fassadenbegrünung selbst ihre Gültigkeit besitzen, ist fraglich. Sehr wünschenswert wäre, dass sich die Vertreter/innen der Bauaufsicht auf eine finale Einstufung zur weiteren Betrachtung einigen.