EARL

Einrichtung eines innovativen, langfristigen, hochauflösenden Messfelds an der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft in Niederbayern zum Vergleich der Bildung von Oberflächenabfluss, sowie des Stoff-und Materialaustrags landwirtschaftlicher Flächen

Erosion tritt in vielen fruchtbaren und landwirtschaftlich intensiv genutzten Regionen weltweit auf, wobei gleichzeitig durch den Klimawandel ein Anstieg der Erosivität von Starkregenereignissen, wie auch vermehrte und intensivierte Dürrephasen erwartet werden [1, 12, 13, 15, 20]. In Kombination mit zunehmend strengeren Anforderungen bezüglich Dünger und Pflanzenschutzmitteln ist ein Interessensausgleich zwischen Lebensmittelproduktion, Energiegewinnung und Umwelt- bzw. Ressourcenschutz (z. B. Boden oder Wasser) herausfordernd.

Oberflächenabfluss beziehungsweise Abschwemmung und Erosion können auf geneigten landwirtschaftlich genutzten Flächen stark vermindert werden. Während die Wirkungsweise einzelner Maßnahmen und Anbaumethoden bereits hinreichend untersucht ist [u. a. 2, 4, 10, 14, 19], ist über deren Kombinationswirkung sowie den Einfluss von Oberflächenabfluss wenig bekannt [16]. Weiterhin stellen veränderte klimatische Rahmenbedingungen sowie die Reduktion des Einsatzes von Herbiziden klassische Erosionsschutzmaßnahmen vor neue Herausforderungen [2, 21].

An der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) entsteht derzeit ein weltweit einzigartiges Versuchsgelände, um die physikalischen, sozialen und wirtschaftlichen Faktoren zu untersuchen, welche die Erosion antreiben: Das EARL – Erosion And Runoff Laboratory. Dort werden in langjährigen Versuchen (>10 Jahre) Maßnahmen zum Erosionsschutz und Wasserrückhalt im Hügelland in Kombination mit neuen Anbauverfahren (Fruchtfolge, Sortenwahl, Pflanzenschutz- und Düngungsregime, Bodenbearbeitung, Robotik, Precision Farming) und unterschiedlichen Fruchtwechselfolgen untersucht. Aufbauend auf den Erfahrungen anderer langjähriger Versuchsanlagen in England [5, 7-9], der Schweiz [17, 18] und Österreich, sowie weiteren Publikationen [3, 6, 10, 11] werden auf einem Feldstück mit ca. 4 ha in der Praxis bewährte und ökologisch vielversprechende Anbauverfahren unter kontrollierten Bedingungen auf ihre Resilienz gegenüber Witterungsextremen und ihre Risiken auf unerwünschte abflussgebundene Stoffausträge geprüft. Jedes langjährige Versuchsfeld wird mit einem zweiten, vergleichbaren Versuchsfeld mit künstlicher Beregnung ergänzt, um wetterunabhängig auch kausal orientierte Erkenntnisse zu gewinnen. Das Monitoring der Versuchsflächen umfasst räumlich wie zeitlich (4D) eine sehr hohe Datendichte, autonome, digital vernetzte Sensorfelder (Stichwort „Internet of Things“), exakte Daten zur Meteorologie, dem Bodenzustand, agronomische Parameter, Bodenbedeckungsgrad und Topographie. Die Daten werden z. B. in Kombination mit künstlicher Intelligenz und deep learning aber auch modellbasiert ausgewertet, um die Ergebnisse auf größere Einzugsgebiete zu übertragen.

Der Lehrstuhl für Hydrologie und Flussgebietsmanagement ist Kooperationspartner. Zusammen mit der Landesanstalt für Landwirtschaft und unterstützt durch das Institut für Messsysteme und Sensortechnik der TUM erstellen Mitarbeiter:innen das Design und Messkonzept der Versuche, planen die Einrichtung der Anlagen sowie die Schritte der Feldbearbeitung. Das Versuchsfeld wird bis 2024 einsatzbereit sein und dann mehr als 10 Jahre Daten liefern. Um diese bestmöglich zu nutzen, liegt zum einen ein besonderer Fokus auf dem Aufbau eines internationalen Forschungs-Netzwerks, um vielseitiges Interesse und damit Multiplikatoreffekte zu erzielen. Zum anderen werden vor Ort Gespräche, Führungen und Workshops durchgeführt, um die Erkenntnisse nahtlos in die Praxis zu überführen.

Weiterführende Links:

Projektseite auf ResearchGate

LfL-Standort Ruhstorf: Standortaufbau

Auftraggeber: Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Projektpartner: Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, Technische Universität München
Projektbeginn: 01.11.2021
Projektende: 31.10.2024
Ansprechpartner: Johannes Mitterer

Projektseite der Landesanstalt für Landwirtschaft

Literatur

[1] Auerswald, K., Fischer, F. K., Winterrath, T., Elhaus D., Maier H., Brandhuber R. (2019): Klimabedingte Veränderung der Regenerosivität seit 1960 und Konsequenzen für Bodenabtragsschätzungen. In: Bachmann G., König W., Utermann J. (Hrsg.) Bodenschutz, Ergänzbares Handbuch der Maßnahmen und Empfehlungen für Schutz, Pflege und Sanierung von Böden, Landschaft und Grundwasser (Loseblattsammlung), Berlin, Erich Schmidt Verlag.
[2] Auerswald K, Fischer FK, Kistler M, Treisch M, Maier H, Brandhuber R (2018): Behavior of farmers in regard to erosion by water as reflected by their farming practices. Science of the Total Environment 613–614: 1–9
[3] Auerswald, K., Fiener, P., and Dikau, R. (2009) Rates of sheet and rill erosion in Germany – A meta-analysis, Geomorphology, 111, 182–193, 2009.
[4] Brandhuber R, Treisch M, Fischer F, Kister M, Maier H, Auerswald K (2017) Starkregen, Bodenerosion, Sturzfluten - Beobachtungen und Analysen im Mai/Juni 2016. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, LfL-Schriftenreihe 2/2017
[5] Boardman, J. (2003) Soil erosion and flooding on the eastern South Downs, southern England, 1976-2001. Transactions Institute of British Geographers New Series, 28, 176–196.
[6] Evans R. (2013) Assessment and monitoring of accelerated water erosion of cultivated land – when will reality be acknowledged?. Soil Use and Management, March 2013, 29, 105–118.
[7] Evans, R. (2010) Land use and accelerated soil erosion by water in a small catchment on the South Downs, West Sussex, England – past and present. In: Landscapes through the Lens (eds D.C. Cowley, R.A. Standring & M.J. Abicht), pp. 129–142, Occasional Publication of the Aerial Archaeology Research Group No. 2, Oxbow Books, Oxford.
[8] Evans, R. (2006) Runoff, Soil Erosion and Sediment Sources in Central Norfolk, England. Final Report, AMEWAM Project, Hohenheim University, Stuttgart.
[9] Evans, R. & Boardman, J. (2003) Curtailment of muddy floods in the Sompting catchment, West Sussex, southern England. Soil Use and Management, 19, 223–231.
[10] Fiener P., Wilken F., Auerswald K (2019) Filling the gap between plot and landscape scale – eight years of soil erosion monitoring in 14 adjacent watersheds under soil conservation at Scheyern, Southern Germany. Advances in Geosciences., 48, 31–48, 2019.
[11] Fiener, P., Seibert, S. P., and Auerswald, K. (2011) A compilation and meta-analysis of rainfall simulation data on arable soils, J. Hydrol., 409, 395–406, 2011.
[12] Fischer F. K., Auerswald K, Maier H, Brandhuber R (2019) Erosionsschutz Bayern Radargestützte Erosionsprognose Teil I –Methodenentwicklung und Validierung der ABAG-. Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft, LfL-Schriftenreihe 3/2019
[13] IPCC-Report Chapert 4 (2019):Olsson, L., H. Barbosa, S. Bhadwal, A. Cowie, K. Delusca, D. Flores-Renteria, K. Hermans, E. Jobbagy, W. Kurz, D. Li, D.J. Sonwa, L. Stringer, 2019: Land Degradation. In: Climate Change and Land: an IPCC special report on climate change, desertification, land degradation, sustainable land management, food security, and greenhouse gas fluxes interrestrial ecosystems.[14] Kistler, M, Brandhuber, R, Maier, H, (2013): Wirksamkeit von Erosionsschutzmaßnahmen – Ergebnisse einer Feldstudie, LfL-Schriftenreihe 8/2013
[15] Munich Re (2017): Naturkatastrophen 2016 Analysen, Bewertungen, Positionen. TOPICS GEO 2017
[16] Prasuhn V, Doppler T, Spycher S, Stamm Ch (2018) Pflanzenschutzmitteleinträge durch Erosion und Abschwemmung reduzieren. Agrarforschung Schweiz 9 (2): 44–51, 2018
[17] Prasuhn, V. (2012) On-farm effects of tillage and crops on soil erosion measured over 10 years in Switzerland. Soil and Tillage Research, 120, 137–146.
[18] Prasuhn, V. (2011) Soil erosion in the Swiss midlands: results of a 10 year field survey. Geomorphology, 126, 32–41.
[19] Schwertmann U., Vogl W., Kainz M. (1990) Bodenerosion durch Wasser: Vorhersage des Abtrags und Bewertung von Gegenmaßnahmen, 2. Auflage. Ulmer: Stuttgart.
[20] Seibert S und Auerswald K (2019) Hochwasserminderung im ländlichen Raum - Förderung des Wasserrückhalts und Bremsen des Abflusses in der Flur mit quantitativen Planungsbeispielen. Vortrag am 25.11.2019 am „Erosionsgespräch 2019“ in Langquaid.

[21] TOPPS-Prowadis (2014). Gute fachliche Praxis zur Verringerung der Gewässerbelastung mit Pflanzenschutzmitteln durch Run-off und Erosion. Handbuch, 81 S., Zugang: www.topps-life.org/key-documents.html [22.01.2020].